Zusammenfassung
Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung hat sich mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) grundlegend verändert. Das Gesetz zielt darauf ab , die Selbstbestimmung zu stärken und die Lebenssituation der Betroffenen zu verbessern. Eine der wichtigsten Neuerungen ist die Trennung der Leistungen. Das bedeutet , dass die Eingliederungshilfe nicht mehr als Teil der Sozialhilfe gilt , sondern als eigenständige Leistung. Dadurch sollen Menschen mit Behinderung finanziell unabhängiger werden. Die Einkommens , und Vermögensgrenzen wurden angehoben. Das hat direkte Auswirkungen auf das Taschengeld , den Barbetrag und die Bekleidungspauschale , insbesondere in Nordrhein , Westfalen , wo der Landschaftsverband Westfalen , Lippe (LWL) eine zentrale Rolle spielt. Dieser Artikel erklärt die neuen Regelungen , zeigt , wie man Anträge stellt , und gibt praktische Tipps für Betroffene und ihre Angehörigen in Köln und ganz NRW.
Was ist die Eingliederungshilfe und was hat sich geändert?
Die Eingliederungshilfe ist eine Leistung für Menschen mit Behinderung. Sie soll helfen , ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Vor dem Bundesteilhabegesetz war sie Teil der Sozialhilfe. Das hatte Nachteile. Wer Eingliederungshilfe bekam , musste fast sein gesamtes Einkommen und Vermögen einsetzen. Das änderte sich mit der Reform.
Das Bundesteilhabegesetz trat in mehreren Stufen in Kraft. Die letzte Stufe , die sogenannte "vierte Reformstufe" , gilt seit Januar 2020. Das Ziel ist klar: Mehr Teilhabe , weniger Fürsorge. Die Leistungen sollen sich am individuellen Bedarf orientieren , nicht an pauschalen Vorgaben. Ein zentraler Begriff ist das "Budget für Arbeit". Es ermöglicht Menschen mit Behinderung , auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein , mit finanzieller Unterstützung vom Staat.
Für Familien in Köln bedeutet das konkret mehr Planungssicherheit. Ein Beispiel: Ein junger Erwachsener mit Behinderung möchte in eine eigene Wohnung im Stadtteil Ehrenfeld ziehen. Früher hätte das Erbe der Großeltern oder das eigene Ersparte direkt die Leistungen gekürzt. Heute gelten neue , höhere Freibeträge. Das gibt Luft zum Atmen.
Die wichtigste Veränderung ist die Trennung der Leistungen. Die Eingliederungshilfe ist jetzt eine eigenständige Leistung zur Teilhabe und gehört nicht mehr zur Sozialhilfe. [1]
Für wen gilt die Trennung der Leistungen?
Diese Frage ist entscheidend. Die Trennung betrifft alle Menschen , die Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) beantragen oder bereits beziehen. Es geht um erwachsene Menschen mit wesentlicher Behinderung. Die Art der Behinderung spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Ob körperlich , geistig oder seelisch , der Bedarf an Teilhabe steht im Vordergrund.
Besonders relevant ist die Trennung für Menschen in besonderen Wohnformen , wie dem Ambulant Betreuten Wohnen (ABW). Hier übernimmt die Eingliederungshilfe die Kosten für die notwendige Assistenz , um in der eigenen Wohnung leben zu können. Die Kosten für Miete und Heizung werden dagegen weiterhin vom Sozialamt übernommen , sofern das Einkommen nicht ausreicht. Das ist die praktische Umsetzung der Trennung.
Für Eltern in NRW ist das eine Erleichterung. Stellen Sie sich vor , Ihr volljähriges Kind mit Down , Syndrom zieht in eine Wohngemeinschaft in Köln , Braunsfeld. Die Betreuungskosten trägt die Eingliederungshilfe über den LWL. Die Miete für das Zimmer wird vom Sozialamt der Stadt Köln übernommen. Zwei verschiedene Leistungsträger , ein gemeinsames Ziel: die selbstständige Lebensführung.
"Das BTHG hat die Eingliederungshilfe von einer Fürsorgeleistung zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt. Die Trennung von Fachleistungen und Lebensunterhalt ist dafür ein Kernstück." , Dr. Rolf Schmachtenberg , Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales , 2023 [2]
Die Trennung gilt für alle erwachsenen Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe und sorgt dafür , dass Fachleistungen (wie Betreuung) und existenzsichernde Leistungen (wie Miete) getrennt voneinander bewilligt und finanziert werden.
LWL Eingliederungshilfe: Die Einkommens , und Vermögensgrenze
Das war lange der größte Knackpunkt. Viele Menschen mit Behinderung konnten sich nichts aufbauen , weil alles angerechnet wurde. Das BTHG hat hier deutliche Verbesserungen gebracht. Seit 2020 gelten neue , höhere Freibeträge.
Für das Einkommen bedeutet das: Ein Teil Ihres Einkommens bleibt anrechnungsfrei. Das können Einkünfte aus einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) , aus einem Budget für Arbeit oder auch eine Rente sein. Der genaue Freibetrag ist gestaffelt. Ein großer Teil des Einkommens aus einer WfbM bleibt in der Tasche. Das erhöht die finanzielle Eigenständigkeit spürbar.
Noch wichtiger für viele Familien ist die neue Vermögensgrenze. Vor dem BTHG lag der Freibetrag bei lächerlichen 2.600 Euro für eine alleinstehende Person. Heute sind es 50.000 Euro für Leistungsberechtigte der Eingliederungshilfe [3]. Das ist eine gewaltige Steigerung. Es erlaubt , ein kleines Polster für Notfälle anzusparen oder auch eine bescheidene Erbschaft zu behalten , ohne die Leistungen zu gefährden.
Für ein Paar in Köln , Rodenkirchen , bei dem ein Partner Eingliederungshilfe bezieht , gelten besondere Regelungen für das gemeinsame Vermögen. Hier ist eine gute Beratung unerlässlich. Stellen wie die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) in Köln bieten hier kostenlose Unterstützung.
Die Vermögensgrenze liegt jetzt bei 50.000 Euro pro leistungsberechtigter Person. Das ermöglicht erstmals eine nennenswerte finanzielle Rücklage.
Barbetrag , Bekleidungspauschale und Taschengeld: Was steht mir zu?
Hier wird es sehr konkret. Neben den großen Leistungen für Wohnen oder Arbeit gibt es regelmäßige Geldleistungen für den persönlichen Bedarf. Diese sind besonders wichtig für die alltägliche Lebensqualität.
Der Barbetrag ist Geld , das monatlich für persönliche Wünsche zur freien Verfügung steht. Er wird nicht für Lebensunterhaltskosten wie Essen verwendet. Das ist Ihr Geld fürs Kino , für ein Eis am Rhein , für ein Geschenk oder ein Magazin. Die Höhe ist gesetzlich nicht einheitlich festgelegt , sondern wird von den Trägern wie dem LWL bestimmt. Sie orientiert sich am Regelbedarf nach dem SGB XII. Für 2025 wird mit einer leichten Anpassung gerechnet.
Die Bekleidungspauschale deckt die Kosten für Kleidung und Schuhe ab. Auch sie wird vom Leistungsträger festgesetzt. Es handelt sich um einen pauschalen Betrag , der jährlich oder monatlich ausgezahlt wird. Wenn besondere Kleidung , etwa orthopädische Schuhe , benötigt wird , können diese oft als zusätzliche Leistung beantragt werden. Fragen Sie hier direkt bei Ihrem Sachbearbeiter beim LWL nach.
Das Taschengeld ist ein Begriff , der oft im Zusammenhang mit Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) fällt. Beschäftigte in einer WfbM erhalten ein Arbeitsentgelt. Da dieses oft niedrig ist , wird ein sogenanntes Taschengeld von der Eingliederungshilfe zusätzlich gezahlt , um den persönlichen Bedarf zu decken. Dieses Taschengeld ist eine gesetzliche Leistung und soll sicherstellen , dass auch Menschen in einer WfbM über ein Minimum an frei verfügbarem Einkommen verfügen.
"Die Leistungen für den persönlichen Bedarf wie das Taschengeld sind keine Almosen , sondern ein rechtlicher Anspruch. Sie sind essentiell für ein Mindestmaß an Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben." , Prof. Dr. Katja Nebe , Juristin mit Schwerpunkt Sozialrecht , Universität Halle , 2024 [4]
Für 2025 und 2026 werden die Beträge für Barbetrag und Bekleidungspauschale in NRW voraussichtlich im Rahmen der allgemeinen Regelbedarfsanpassungen leicht steigen. Einen offiziellen Bescheid über die genauen Beträge für "LWL Bekleidungsgeld 2025" oder "LWL Taschengeld 2025" erhalten Sie direkt vom Landschaftsverband Westfalen , Lippe.
Barbetrag und Bekleidungspauschale sind Pauschalen für den persönlichen Bedarf. Das Taschengeld ist eine zusätzliche Leistung für Beschäftigte in Werkstätten , um frei verfügbares Einkommen zu gewährleisten.
Der Antrag: So beantragen Sie Eingliederungshilfe beim LWL
Der Weg zu den Leistungen führt über einen formellen Antrag. Das kann abschreckend wirken , ist aber mit der richtigen Vorbereitung machbar. Der zuständige Träger in Westfalen , Lippe ist der LWL , in anderen Teilen NRWs der Landschaftsverband Rheinland (LVR) oder die kreisfreien Städte.
Es gibt kein einheitliches bundesweites Formular. Der LWL stellt jedoch Antragsformulare zur Verfügung. Eine Suche nach "LWL Antrag Eingliederungshilfe PDF" führt Sie oft direkt zum Download auf den Seiten des LWL. Füllen Sie den Antrag so vollständig wie möglich aus. Wichtig ist eine genaue Beschreibung der Beeinträchtigung und des daraus resultierenden Hilfebedarfs.
Welche Unterlagen brauchen Sie? In der Regel sind das:
- Ein aktueller ärztlicher oder fachärztlicher Bericht , der die Behinderung und deren Auswirkungen beschreibt.
- Ein Nachweis über Einkommen und Vermögen (Kontoauszüge , Rentenbescheid).
- Bei Anträgen für das Ambulant Betreute Wohnen: Ein Mietvertrag oder eine Wohnungsgebietsbestätigung.
- Ihre Personalausweiskopie.
Reichen Sie den Antrag schriftlich beim zuständigen LWL , Sozialamt ein. Sie erhalten eine Eingangsbestätigung. Die Bearbeitung kann einige Wochen dauern. In dringenden Fällen können Sie einen Antrag auf vorläufige Leistungsgewährung stellen.
Nutzen Sie Beratungsangebote. Die EUTB , Stelle in Köln oder der Sozialdienst der Lebenshilfe Köln können beim Ausfüllen des Antrags helfen. Sie kennen die Fallstricke und können Formulierungsvorschläge machen.
Laden Sie das aktuelle Antragsformular als PDF von der LWL , Website herunter , sammeln Sie alle notwendigen Nachweise und holen Sie sich bei Bedarf Unterstützung von einer unabhängigen Beratungsstelle.
Inklusion von Anfang an: Der LWL und die Kita
Teilhabe beginnt nicht erst im Erwachsenenalter. Das BTHG stärkt auch die Rechte von Kindern mit Behinderung. Die "LWL Inklusion Kita" ist ein Stichwort , das viele junge Familien in NRW bewegt. Der LWL fördert und finanziert die gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung in Kindertageseinrichtungen.
Wenn Ihr Kind eine wesentliche Behinderung hat und besondere Unterstützung in der Kita benötigt , kann eine sogenannte "Eingliederungshilfe in der Kindertagesstätte" beantragt werden. Diese Leistung finanziert zum Beispiel eine zusätzliche Fachkraft (Integrationskraft) , die Ihr Kind in der Gruppe individuell unterstützt. Das Ziel ist , dass alle Kinder gemeinsam spielen und lernen können.
Der Antrag wird ebenfalls beim LWL gestellt. Wichtig ist ein pädagogischer oder ärztlicher Bericht , der den spezifischen Förderbedarf des Kindes darlegt. Die Kita , Leitung ist hier oft eine gute erste Ansprechpartnerin und kann beim Verfahren unterstützen.
In Köln gibt es ein wachsendes Netz inklusiver Kitas. Die Stadt fördert dieses Angebot aktiv. Eine inklusive Kita in Sülz oder Nippes bedeutet für Ihr Kind normale Spielkameraden und für Sie die Gewissheit , dass es optimal gefördert wird. Das ist gelebte Inklusion.
Für Kinder mit Behinderung kann über den LWL eine Integrationskraft in der Kita finanziert werden , um die gemeinsame Betreuung mit nicht , behinderten Kindern zu ermöglichen.
Ambulant Betreutes Wohnen (ABW): Selbstbestimmt leben mit Unterstützung
Für viele Erwachsene mit Behinderung ist der Auszug aus dem Elternhaus ein großes Ziel. Das Ambulant Betreute Wohnen macht es möglich. Der Mensch mit Behinderung lebt in seiner eigenen oder einer angemieteten Wohnung , alleine , zu zweit oder in einer Wohngemeinschaft. Die notwendige Assistenz kommt zu ihm nach Hause.
Die Eingliederungshilfe übernimmt die Kosten für diese Betreuungsleistungen. Das können Hilfen im Haushalt sein , Unterstützung bei der Körperpflege , Begleitung zu Arztterminen oder auch die Assistenz bei der Freizeitgestaltung. Der Umfang richtet sich nach dem individuellen Bedarf , der in einem "Teilhabeplanverfahren" festgestellt wird.
Der erste Schritt ist ein Antrag auf Eingliederungshilfe beim LWL mit dem Konkretisierungsvermerk "Ambulant Betreutes Wohnen". Parallel oder im Anschluss suchen Sie sich einen anerkannten Träger für Betreuungsleistungen. In Köln gibt es mehrere Anbieter , wie die Lebenshilfe oder andere gemeinnützige Organisationen. Sie erstellen ein Betreuungskonzept , das mit dem LWL abgestimmt wird.
Die Trennung der Leistungen ist hier besonders sichtbar: Der LWL zahlt die Betreuung. Die Kosten für die Kaltmiete , Heizung und Nebenkosten werden , sofern das eigene Einkommen nicht ausreicht , vom Sozialamt der Stadt Köln übernommen. Sie müssen also zwei Anträge stellen.
"Das Ambulant Betreute Wohnen ist die Leitidee des BTHG für den Wohnbereich. Es steht für die Ablösung von großen Heimen durch individualisierte , wohnortnahe Unterstützung." , Brigitte Faber , Vorstand der Bundesvereinigung Lebenshilfe , 2023 [5]
Das ABW ermöglicht ein Leben in den eigenen vier Wänden. Die Betreuungskosten trägt